Das kommt darauf an! Früher hatte man zwischen nächtlichem Einnässen, Einnässen tagsüber und der Kombination unterschieden („Enuresis nocturna“, „Enuresis diurna“, „Enuresis nocturna et diurna“). Heute sprechen wir von „Enuresis“, wenn alleinig nächtliches Einnässen vorliegt; kommt zusätzlich eine Tagessymptomatik vor, sprechen wir von „kindlicher Harninkontinenz“.

Grundsätzlich ist dazu zu sagen, dass erst im Alter von 4 Jahren das Gehirn in der Lage ist, die Blase und damit die Ausscheidung zu kontrollieren. Bis dahin muss ein Kind gewickelt werden. Verzögert sich das Trockenwerden, kann dies an einer verspäteten „Reifung“ der hieran beteiligten Strukturen liegen. So können die notwendigen Nervenbahnen später reifen – ähnlich wie manche Kinder früher bzw. später als andere Laufen oder Sprechen lernen.

Es kann sich aber auch die Fähigkeit, den Urin nachts zu konzentrieren, verspätet ausbilden. Diese Fähigkeit erlangt der Körper dadurch, dass er nachts ein Hormon ausschüttet, das den Urin konzentriert. Dieses Hormon mit dem Namen „antidiuretisches Hormon“ oder „ADH“ sorgt dafür, dass wir morgens einen konzentrierten Harn ausscheiden und nachts nicht aufstehen müssen. Fehlt dieses Hormon, fallen nachts große Urinmengen an – die Blase läuft über, das Kind nässt ein.

In einem ersten Schritt sollte besonders bei Vorliegen einer kindlichen Harninkontinenz mit Tagessymptomatik nach Erkrankungen des Harntraktes gefahndet werden: Hierzu gehören Blasenentleerungsstörungen, die Refluxkrankheit (Zurückfließen von Urin von der Blase zu den Nieren, s. Abb. 1), Infekte oder Mißbildungen des Harntraktes (s. Abb. 2).

Abb. 1: Refluxkrankheit links: Kontrastmittel in der Blase fließt zur linken Niere zurück; Ursache: Mündungsenge der Harnröhre mit „umgedrehter Zwiebelform“ – unten im Bild

Abb. 1: Refluxkrankheit links: Kontrastmittel in der Blase fließt zur linken Niere zurück; Ursache: Mündungsenge der Harnröhre mit „umgedrehter Zwiebelform“ – unten im Bild

 

Abb. 2: Beidseits gestaute Nieren bei Blasenentleerungsstörung

Abb. 2: Beidseits gestaute Nieren bei Blasenentleerungsstörung

 

Aus dem Gesagten ergeben sich die Therapiemöglichkeiten: So sollte unbedingt vermieden werden, dem Kind für ein nasses Bett Vorwürfe zu machen – besser ist, trockene Nächte zu belohnen. Dies muss nicht immer ein Geschenk sein, hilfreich ist es schon, in einen Kalender eine Wolke bzw. eine Sonne für nasse oder trockene Nächte malen zu lassen.

In der nächsten Stufe kommen Weckapparate zum Einsatz, die bei dem Abgang der ersten Tropfen das Kind durch einen elektrischen Kontakt in der Unterhose oder der Unterlage wecken, damit es zur Toilette gehen kann. Führt auch dies nicht zu einer Reduktion nasser Nächte, kommen Medikamente zum Einsatz. So kann heutzutage das genannte Hormon als Nasenspray oder Tablette ersetzt werden oder die Blase mit Medikamenten aus der Gruppe der Anticholinergika gedämpft werden.