Was ist Belastungs­inkontinenz?

Belastungsinkontinenz ist eine Form der Blasenschwäche, bei der es durch körperliche Belastung zu ungewolltem Harnverlust kommt. Erfahren Sie alles über Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten.

Belastungsinkontinenz wird in 3 Schweregrade unterteilt

1
Harnverlust beim Husten
und Niesen
2
Harnverlust beim Gehen
und Aufstehen
3
Harnverlust im
Liegen
Wie sichert ein gesunder Beckenboden die Kontinenz bei Belastung?

Der Beckenboden ist wie eine Hängebrücke konstruiert. Die Aufhängungen in Form von Bändern und Muskeln funktionieren so, dass Druck im Bauchraum in Druck auf die Harnröhre umgewandelt wird. Höherer Druck bedeutet damit auch stärkeren Verschluss – ein geniales Konzept der Natur.

Voraussetzung für die Effektivität der Konstruktion ist es, dass der Beckenboden selbst stabil ist und sich im rechten Winkel zur Harnröhre befindet.

Bei Beckenbodenschwäche ist die Konstruktion nicht mehr stabil. Beckenbodenmuskulatur und die Harnröhre stehen nicht mehr im rechten Winkel zueinander, so dass Belastungsdruck nicht mehr ausreichend in Verschlussdruck umgewandelt wird. Eine Druckerhöhung im Bauchraum kann dann zu Urinverlust führen.

Belastungsinkontinenz bei Frauen und Männern

Von Belastungsinkontinenz sind vor allem Frauen betroffen. Dafür gibt es mehrere Gründe, zum einen der Wegfall des Sexualhormons Östrogen nach den Wechseljahren, der zur Rückbildung von Muskulatur und Bindegewebe des Urogenitaltrakts führt. Außerdem kommt es bei Geburten häufig zu Schädigungen der Muskulatur und Nerven des Beckenbodens. Zudem bildet sich im Alter die Muskulatur insgesamt zurück.

Bei Männern ist aufgrund ihrer Anatomie eine Belastungsinkontinenz selten. Sie entsteht fast immer durch äußere Einflüsse wie Prostata-Operationen oder Unfälle.

Wie wird Belastungsinkontinenz behandelt?

Elektrostimulation und Biofeedback

Elektrostimulation und Biofeedback sind Verfahren zur Reaktivierung des Beckenbodens.

Bei der Elektrostimulation werden die Beckenbodenmuskeln mit niedrigem elektrischem Strom aktiv angeregt. Dazu werden Sonden in die Scheide oder den After eingeführt. Ziel ist es, die Wahrnehmung des Beckenbodens zu stärken. Elektrostimulation ist besonders wichtig bei Patienten, die die Beckenbodenmuskeln zunächst nicht bewusst anspannen können.

Beim Biofeedback werden mit Hilfe vaginaler oder analer Sonden die An- und Entspannung des Beckenbodens gemessen. Ziel ist es, die Fähigkeit zum bewussten An- und Entspannen der Beckenbodenmuskeln zu trainieren. Das Messgerät gibt stets eine Rückmeldung über die Kraft der Beckenbodenmuskeln, was sehr stark motiviert, die Leistung weiter zu verbessern.

Beckenboden- und Rütteltraining

Beckenbodentraining ist Teil einer auf den gesamten Körper ausgerichteten Krankengymnastik. Ziel ist neben einer Stärkung und Straffung der Beckenbodenmuskulatur, die Körperhaltung so zu verbessern, dass sie keinen schlechten Einfluss auf den Druck im Becken-Bauchraum hat.

Zunächst sollte die Gymnastik unter Anleitung einer physiotherapeutischen Fachkraft erfolgen, auch um die Fähigkeit zu erlangen, den Beckenboden wahrzunehmen und isoliert anzuspannen. Anleitungen für das Selbsttraining finden Sie in unserem Servicebereich.

Das Rüttel- oder Vibrationstraining hat zum Ziel, die Muskulatur anzuregen und für Körperbalance zu sorgen. Es findet unter Anleitung eines Arztes oder Physiotherapeuten statt.

Lebensführung, Medikamente und Operation

Um den Beckenboden zu entlasten, sollte Übergewicht dringend reduziert werden.

Es gibt Medikamente, die durch Erhöhung von Botenstoffen im Gehirn dazu führen, so dass sich der äußere Schließmuskel kräftiger zusammenziehen kann. Es steht nur Frauen zur Verfügung.

In schweren Fällen kann Frauen operativ ein Netzband implantiert werden, das die mittlere Harnröhre spannungsfrei stabilisiert.

Männern steht bei Belastungsinkontinenz kein Medikament zur Verfügung.

In schweren Fällen ist die operative Implantation eines künstlichen Schließmuskels die Methode der Wahl. Nach erfolgter Implantation wird die Harnröhre von einer Manschette umgeben, die die Harnröhre verschließt. Mit Hilfe einer Pumpe lässt sich die Manschette lösen, wenn die Blase entleert werden soll. Die Pumpe lässt sich manuell steuern.

Sie haben eine
persönliche Frage?

Schreiben Sie uns anonym, wenn Sie ganz individuelle Informationen rund um Harnorgane oder Diagnostik und Behandlung von Harnwegserkrankungen benötigen. Unser Experte Prof. Dr. Wiedemann freut sich, Ihnen zu antworten.

Frage-Antwort-Service nutzen

Das könnte Sie auch interessieren

Überaktive
Blase
Drang-
inkontinenz
Überlauf-
inkontinenz
Reflex-
inkontinenz
Verdachts-
diagnose