Sehr geehrter Herr Prof Wiedemann,

Ich habe eine Neoblase und muss „Bikarbonat-Tabletten“ nehmen. Ich habe nicht verstanden warum.

Vielen Dank im Voraus für Ihre Rückmeldung und LG

Antwort von Prof. Wiedemann

Bei einer Neoblase wird eine „neue“ Blase aus Dünndarmanteilen geformt. Dieser Dünndarm hat nun keinen Kontakt zur Stuhlpassage, sondern langfristigen Kontakt zu Urin. Dünndarmzellen sind jedoch nicht einfach die Auskleidung eines Hohlraumes, sondern stellen eine stoffwechselaktives Organ dar. Als Teil der Stuhlpassage werden hier schon für den Körper wertvolle Nahrungsbestandteile wie Zuckerstoffe aufgenommen. Wird Dünndarm zur Neoblase, nehmen die Dünndarmzellen Harnstoff auf. Von diesem Harnstoff werden im Blut saure Wasserstoffionen abgespalten, die das gesamte Körpermileu „sauer“ gestalten. Wird hier nicht gegengesteuert, können nicht nur subjektive Beschwerden wie Übelkeit und Erbrechen resultieren, sondern langfristig auch Veränderungen des Knochenstoffwechsels mit Osteoporose. Die Einnahme von „alkalischem“ Bikarbonat „puffert“ die Wasserstoffionen. Der Messwert, mit dem dies eingestellt wird, ist der sog. „base-excess“. Wenn dieser Wert negativ wird (also der „baseexcess“ oder „Basenüberschuss“ fehlt), wird mit Bikarbonat gegengesteuert. Die regelm. Bestimmung dieses Wertes im Labor gehört zu den Nachsorgeuntersuchungen bei Neoblasenpatienten genauso wie die Bestimmung bestimmter Vitamine, die bei Dünndarmverlust in der Darmpassage nicht mehr vom Körper richtig aufgenommen werden.

LG

Prof. Dr. med. Andreas Wiedemann