Welcher Mann kennt das nicht – mit 50 oder 60 kann er nicht mehr „die Nächte durchmachen“, die jüngeren Kollegen schaffen mehr, er ermüdet schneller und es breitet sich Lustlosigkeit im Büro, beim Hobby und im Bett aus. Dies kann an einem Testosteronmangel oder „männlichen Wechseljahren“ liegen. Ab dem 18. Lebensjahr fällt der Testosteronwert kontinuierlich ab und unterschreitet manchmal die magische Grenze von 12 ng/ml – morgens gemessen. Eine Therapie mit Testosteronpräparaten ist aber nur dann sinnvoll, wenn gleichzeitig solche Symptome vorliegen – nicht jede Müdigkeit kommt von einem Testosteronmangel. So eine Testosterontherapie ist heute unter ärztlicher Überwachung sicher möglich – es wird der normale Blutspiegel von Testosteron wiederhergestellt, es müssen darunter die Prostata, das Blutbild und die Leberwerte kontrolliert werden.

Wichtig wird die Testosteron-Ersatztherapie bei Stoffwechselerkrankungen: so lässt sich ein Bluthochdruck, ein Übergewicht und eine Zuckerkrankheit besser behandeln, wenn der Testosteron-Wert normal ist. Männer mit Typ-2-Diabetes leben sogar länger, wenn sie einen normalen Testosteron-Wert haben (graue, durchgezogene Linie in Abb. 1.) oder wenn der Testosteron-Wert durch eine Therapie normalisiert wird (schwarze, gestrichelte Linie in Abb. 1). Am schlechtesten (mit früherem Tod) schneiden Männer ab, die einen Testosteron-Mangel ohne Behandlung haben (untere, gepunktete Linie in Abb. 1).

Abb.: Sterblichkeit bei Typ-2-Diabetes bei Männern mit Testosteron-Mangel mit und ohne Therapie nach Muraleedharan  V, Eur J Endocrinol 169 (2013): 725-733

 

Für Mediziner, die seit kurzem wissen, dass sich also mit der Testosteron-Ersatz-Therapie nicht nur subjektives Empfinden, sondern auch harte Endpunkte (hier: Tod bei Typ-2-Diabetes) verbessern lassen, war dies eine kleine Sensation und holte die Testosteron-Therapie aus der Ecke der „lifestyle-Medizin“.

Eine moderne Testosterontherapie ist auch dann sinnvoll, wenn eine „Antriebslosigkeit“ im Bett vorliegt. Libidomangel und Erektionsschwäche können auch durch einen Testosteronmangel mitbedingt sein. Wird dann mit Testosteron und „ViagraR-artigen“ Medikamenten behandelt, schlagen diese viel besser an, als es eine Behandlung mit „Potenzpillen“ alleine tut.

Eine Testosteron-Ersatztherapie wurde früher in Ermangelung von Alternativen mit intramuskulären Depot-Spritzen im 3-Wochen-Abstand vorgenommen. Nachteil: in der ersten Woche war der Testosteronspiegel zu hoch, in der 2. Woche richtig, in der 3. Woche zu niedrig. Heute werden in der Regel Gels verwendet, die als Beutel oder Spender ihren Inhalt freigeben, den der Patient dann auf die unbehaarte Haut z. B. von Schulter oder Bauch einreibt. Auch sind Tabletten und Langzeit-Injektionspräparate für ein 12-Wochen-Intervall im Handel.

So ist die Messung, das Erkennen und Behandeln eines Testosteron-Mangels heute eine sinnvolle Maßnahme, die zwischen Patient, Hausarzt, Internist, Urologe und Diabetologe kommuniziert werden muss.