Wo bleiben die Spermien nach einer Sterilisation?
„Stauen“ sie sich an und machen Druckschmerzen? Schwellen die Hoden an? Was passiert bei längerer sexueller Abstinenz?

Zur Beantwortung dieser Fragen muss man sich die männliche Anatomie verdeutlichen. Der Hoden besteht aus vielen kleinen Kanälchen, deren Zellen die Spermien bilden (s. Abb.).

Hodengewebe. Die die Hodenkanälchen auskleidenden (blauen) Zellen bilden die Spermien, die dazwischenliegenden (roten) Zellen produzieren Testosteron.

Spermien wandern durch die Hodenkanälchen in den Nebenhoden, wo sie auf den nächsten Samenerguss warten. Woody Allen, der berühmte amerikanische Regisseur hat das in seinem legendären Film „Was Sie immer schon über Sex wissen wollten“ in das filmische Bild von Fallschirmspringern, die aufgereiht im Flugzeug stehen und auf den Absprung warten, transportiert. Ein kleiner Witz am Rande: alle Fallschirmspringer waren weiß gekleidet und mit langem Schwanz dargestellt, einer jedoch war schwarz… Bei einem Samenerguss werden die Spermien dann durch rhythmische Bewegungen des in die Harnröhre führenden „Samenleiters“, der Nebenhoden und Harnröhre verbindet, ausgeworfen. Genau genommen müsste die Harnröhre also auch „Harn-Samen-Röhre“ heißen.

Anatomie: Die Hodenkanälchen sind über den Nebenhoden und den Samenleiter für den Samentransport nach außen mit der Harnröhre verbunden („Hydatide“ = Relikt aus der Embryonalzeit, verkümmerte Anlage weiblicher Geschlechtsorgane).

Bei der Sterilisation wird der Samenleiter durch einen kleinen Eingriff in der Regel in örtlicher Betäubung durchtrennt. Die davor liegenden Kanäle (Samenleiter, Nebenhoden, Hoden) stauen sich aber nicht an wie bei einem verstopften Rohr, sondern die Spermien werden vom Körper wieder abgebaut. Durch die diskrete Druckerhöhung im System verkümmern die die Spermien herstellenden Zellen. Nach einigen Jahren werden auch keine Spermien mehr gebildet. Das ist auch der Grund, warum die Sterilisation in der Regel unumkehrbar ist: Zwar kann man das Kanalsystem wiederherstellen, nur ist die Spermienproduktion meistens nach 5 Jahren soweit „heruntergefahren“, dass eine Zeugung mit Sperma ausreichender Qualität auf natürlichem Weg kaum noch möglich ist.

Bei sexueller Abstinenz weiß sich der Körper auf anderem, natürlichem Weg zu helfen: Während der bei jedem Mann vorkommenden nächtlichen Erektionen wird reflektorisch und ohne sexuelle Handlungen Sperma ausgeworfen. Der medizinisch „Pollution“ genannte Vorgang hat also nichts mit Selbstbefriedigung zu tun, er ist das „natürliche Überlaufventil“.

Also: „Samenstau“ ist ein Mythos.