Seit 2 Jahren bakterielle Blasenentzündung und kein Lösungsansatz
Sehr geehrter Herr Professor Wiedemann,
ich bin 52 Jahre alt und weiblich. Aufgrund von bereits länger bestehender Dranginkontinenz, welche nicht medikamentös zu behandeln war, hatte ich vor 2 Jahren eine Botox-Behandlung.
Danach 4 Wochen lang ein tolles normales Leben. Dann fingen die bakteriellen Blasenentzündungen an. (Vermutlich besteht besteht wohl kein Zusammenhang zum Botox.)
Pflanzliche Mittel helfen nicht, auch keine D-Mannose (die gute aus Birke). Es blieb immer nur eine Antibiose mit diversen Antibiotika. Anfangs noch ohne Keimbestimmung.
Die Abstände zwischen den Entzündungen wurden immer kürzer, und selbst nach längster Einnahmeempfehlung des jeweiligen AB war 3 Tage nach Beendigung der Einnahme die Entzündung wieder da. Schließlich waren die Ecoli multiresistent und ich habe PipTaz IV bekommen. Aber auch da, 3 Tage später wieder HWI.
Eine Harnansäuerung hat nicht geholfen, die StroVac-Impfung auch nicht. Meiner Vaginalflora geht es gut, da ich sie nach einer AB-Einnahme mit Milchsäurebakterien unterstütze, und ich nehme Östrogen-Zäpfchen, da ich in den Wechseljahren bin. Wie Intim-Hygiene korrekt funktioniert ist mir bekannt. Ich habe keinen Sex (mehr) und trinke etwa 3 Liter am Tag.
Bei der letzten Blasenspiegelung war die Schleimhaut voller Punktblutungen und Biofilm.
Angeblich keine Anzeichen für Divertikel oder Fisteln. Die Restharnmenge betrug bei den diversen Ultraschalls etwa 60 ml. Ich habe jetzt seit 8 Wochen kein Antibiotikum mehr genommen und lebe mit der BE und den vollen Symptomen inklusive der ja ohnehin (wieder) vorhandenen Dranginkontinenz.
Ich muss nachts etwa 6 mal auf die Toilette und schlafe maximal 3 h am Stück. Wenn ich keinen Bürojob ohne Verantwortung für Menschenleben oder kurzfristigen Zugang zur Toilette hätte, könnte ich schon lange nicht mehr arbeiten. Ich bin echt fertig.
In Behandlung bin ich ich in der Ambulanz einer Urologie eines Klinikums, es wurde immer Katheterurin untersucht.
Ein niedergelassener Urologe, den ich für eine 2. Meinung aufgesucht habe, hatte nach sehr kurzer Zeit keine Lust mehr mir zuzuhören und meinte ich solle mir nochmals Botox spritzen lassen, sonst bekäme ich das nicht in den Griff. Ähnliche Situation bei einem 3. Urologen (eines anderen Klinikums) aber mir Therapieempfehlung Hydrodistension.
Was soll ich bloß tun?
Sollten Sie sich die Mühe gemacht haben, meine lange Schilderung zu lesen, bin ich Ihnen sehr dankbar.
Und noch mehr, sollten Sie eine Antwort für mich haben.
Viele Grüße!
Antwort von Prof. Wiedemann
Hallo,
eine Hydrodistension macht man bei einer interstitiellen Zystitis, diese hat mit bakteriellen Infekten nichts zu tun.
Offenbar wurde noch nicht genug nach Risikofaktoren gesucht: Röntgen obere Harnwege? Ultraschall von der Harnöhre aus? Blasenspiegelung? Harnröhren-Weitenbestimmung?
Was mir noch auffällt, dass der Restharn für eine Frau zu hoch ist. Liegt meist an einer Senkung, die Gynäkologen als nicht behandlungsbedürftig einstufen, weil sie die Verbindung bzw. Kausalität zu den Infekten nicht herstellen. Im Kontext von rez. Blaseninfekten sollte man auch eine evt. bestehende Senkung behandeln bzw. operieren. Es bleibt nur ein systematisches Vorgehen:
- Urinkultur
- Behandlung des aktuellen INfektes mit wirksamen Antibiotika lange genug.
- Übergang in eine Prophylaxephase mit einem als wirksam getesteten Antibiotikum in abendlicher Einmalgabe.
- Abklärung komplett wie oben beschrieben.
LG
Prof. Dr. med. Andreas Wiedemann