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Anatomie für Anfänger: „der Unterleib“

24.08.
2021

Während im Volksmund die inneren Organe wie Leber oder Magen und ihre Funktion sehr gut bekannt sind, ist der Feinbau der männlichen und weiblichen Beckenorgane nicht so sehr im Bewusstsein der Bevölkerung. So ist durchaus bekannt, dass wir alle ein Herz und eine Lunge haben, die das Blut mit Sauerstoff anreichern und es im Körper herumpumpen, dass wir Nieren zur Urinproduktion und eine Leber zur Entgiftung des Körpers besitzen. Aber schon der Unterschied zwischen Harnröhre und Harnleiter ist manchen Patienten nicht ganz klar, die Existenz der Samenblasen oder der Schwellkörper des Mannes ist manchem gar nicht bewusst. Viele Patienten erfahren von der Existenz eines Beckenorganes erst dann, wenn es erkrankt ist und über die Therapie oder sogar eine Operation gesprochen wird. Dann empfiehlt es sich, ein Aufklärungsformular mit einer Abbildung zu verwenden, um das geplante Vorgehen zu illustrieren. Im Bereich der Urologie sprechen wir von dem unteren und oberen Harntrakt und unterscheiden die männlichen Geschlechtsorgane:

Der obere Harntrakt

Gemeint sind die Nieren als Produktionsort des Urins in Kombination mit den Nierenbecken und den Harnleitern. Im Nierenbecken wird der Urin gesammelt und über die Harnleiter in die Harnblase abgegeben. Der Harnleiter ist ein rund 25 – 30 cm langes wurmförmiges Gebilde und besteht aus Muskelfasern, die den Urin wellenförmig und aktiv herunter transportieren. Aktiv bedeutet, dass der Transport auch bei Kopfstand, im Liegen und in der Schwerelosigkeit funktioniert.

Der untere Harntrakt

Der über die Harnleiter einlaufende Urin wird in der Blase gespeichert. Sie fasst beim Gesunden rund 300 – 500 ml Urin. Interessant und anatomisch aufwändig ist die Mündungsstelle der Harnleiter in die Harnblase. Die Mündungsstelle muss man sich nicht wie ein Golfloch vorstellen, sondern eher wie einen um den Hals gelegten Schal: Muskelfasern, die schlingenförmig (wie ein Schal) den Harnleiter (wie den Hals eines Menschen) umgeben, sorgen dafür, dass der Urin auch bei voller Blase nicht in den Harnleiter zurücklaufen kann: Der Harnleiter ist also eine Einbahnstrasse. Funktioniert diese anatomische Besonderheit, die in der Fachsprache „Waldeyer´sche Scheide“ genannt wird, nicht, ist eine chronische Nierenschädigung die Folge. Ist die Blase gefüllt, wird der Urin über die Harnröhre nach außen abgegeben. Die Harnröhre verläuft beim Mann durch den Penis und ist hier rund 15 – 20 cm lang; bei der Frau mündet sie in den Scheidenvorhof und besitzt eine maximale Länge von rund 3 cm. Dieser Unterschied ist der Grund für die Tatsache, dass Frauen viel häufiger an Blasenentzündungen erkranken: Bakterien haben viel weniger „Abwehrbarriere“ zu überwinden, um in die Harnblase zu gelangen.

Der männliche Unterleib

Das bekannteste Organ ist hier die Prostata. Sie umfasst die Harnröhre am Blasenausgang wie der Apfel sein Gehäuse – die Harnröhre läuft mitten durch die Prostata (s. Abb.).

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Abb.: „männlicher Unterleib“ – weißlich unterhalb der Blase: die Prostata, die von der Harnröhre durchzogen wird. Hinter der Blase (grün dargestellt): die Samenblasen, die ein Sekret zum Samenerguss bereitstellen. Unterhalb des Penis: Hoden und Samenstrang

Diese Situation hat auch zu der Beschreibung des Organs als „Vorsteherdrüse“ geführt – die Prostata steht vor der Harnblase. Ihre Aufgabe ist die Bereitstellung eines Teiles der Samenflüssigkeit. Die Prostata ist also eine Drüse, deren Gänge zur Entleerung des Sekretes in die Harnröhre münden. Dieses Sekret sorgt dafür, dass das saure Scheidenmilieu gepuffert wird, damit Samenfäden dort überleben können. Ohne Prostata gäbe es also keine Zeugung und keine Kinder. Hinter der Prostata, ebenfalls unter der Harnblase liegen die Samenbläschen. Diese zwei traubenförmig aussehenden Drüsen, die mit je einem Ausführungsgang durch die Prostata hindurch ebenfalls in die Harnröhre münden. Sie enthalten einen Zuckerstoff (Fruktose), der als Energieträger für Samenfäden dient. Diese haben keine eigenen Energiespeicher – würden sie nicht zusammen mit dem Samenblasensekret in die Scheide der Frau gelangen, könnten sie ihren Weg zur Eizelle nie bestehen. Im Hodensack liegen die beiden Hoden, die den Produktionsort der Samenfäden und der männlichen Geschlechtshormone darstellen. Während die Hormone („Testosteron“) den Hoden über die Blutbahn verlassen, müssen die Samenfäden vom Hoden bei dem Samenerguss in die Harnröhre gelangen, wo sie dann mit dem Prostata- und Samenblasensekret ausgeworfen werden. Die Speicherung der Samenfäden geschieht im sog. Nebenhoden. Dieses wurmförmige Gebilde liegt bananenförmig hinter dem Hoden und läuft schmal im sogenannten Samenleiter aus. Dies ist ein mehrere Millimeter dickes Röhren, die vom Nebenhoden über den Samenstrang nach oben in die Leiste läuft, um dann wieder nach innen umzubiegen und durch die Prostata hindurch Anschluss an die Harnröhre findet.

Der weibliche Unterleib

Bei der Frau entsprechen die Hoden den Eierstöcken. Diese etwa rundlichen Organe enthalten die Eizellen, von denen in jedem Monatszyklus der Frau jeweils eine heranreift, aus der Hülle, dem „Follikel“ ausgeworfen wird und über den Eileiter in die Gebärmutter gelangt. Im Eileiter, einem strangförmigen Organ mit vielen dünnen Falten treffen – so die Frau ungeschützten Verkehr hatte – Eizelle und Samenfäden aufeinander und verschmelzen. Die Gebärmutter ist ein etwa birnengroßes Organ, das mit der schmalen Seite nach unten zeigt und links und rechts in die Eileiter übergeht. An der nach unten zeigenden Seite endet sie mit dem Gebärmutterhals in der Scheide. Dies ist ein schlauchförmiges Gebilde, das bei der Frau zusammen mit der Harnröhre nach außen in den Scheidenvorhof mündet. Dieser ist von den großen und kleinen Schamlippen umschlossen. Oberhalb der Harnröhre ist die Clitoris, der Kitzler, angesiedelt, der sich bei sexueller Erregung ähnlich einem Penisschwellkörper vergrößern kann. Bei der Frau liegen damit Harnröhre, Scheidenvorhof, Damm und Enddarm unmittelbar benachbart – die sich hier aufhaltenden Keime bilden das Reservoir, das bei Frauen zu den häufigen Blasenentzündungen führt (s. Abb.).

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Abb.: Anatomie der Frau: unterhalb der Blase die kurze, gerade Harnröhre, dahinter Scheide und Enddarm