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Reizblase seit Jahren – therapieresistent? Frage von Christian

27.01.
2021

Guten Tag!

Ich (M, 44) leide seit Jahren unter einer hyperaktiven Blase. Keine Inkontinenz, rein der Harndrang sofort nach dem Urinieren. Ich gehe zwar „nur“ 6-8mal am Tag, aber den Drang dazwischen immer zu unterdrücken, ist psychisch belastend. Es kommt und geht, meistens so 1-2 Monate am Stück, dann hört es wie von selbst auf. Dann wieder eine Zeit lang gar keine Beschwerden, dann plötzlich wieder da. Zusammenhang mit äußeren Umständen nicht erkennbar. Urin immer gut, Prostata gut, Restharn gut, Testosteron gut, kein Diabetes, kein Übergewicht (mehr), täglich Sport.

An Medikamenten war schon vieles dabei, Tamsulosin, Prostagutt forte, Betmiga, als vorletztes Vesikur (Anfangs scheinbar gewirkt, nachher/zweite Einnahmephase ohne Wirkung), aktuell Spasmex (ein Tag mal toll, meistens aber keine spürbare Wirkung) + Granufink langfristig.

Erstmalig ist auch Biofeedback angedacht. Weiterhin überlege ich, etwas wie Johanniskraut oder ähnliches zu probieren, da ich ein psychisch zunehmend stressanfälligerer Kandidat bin und gern Dinge seelisch in mich reinfresse. Ebenso wurde Botoxinjektion angesprochen (möchte ich vermeiden). Bin ich dem Try und Error-Prinzip ausgeliefert oder habe ich einfach nur noch nicht den richtigen Wirkstoff gefunden? Was würden Sie aus der Ferne einem Patienten wir mir raten?

Antwort von Prof. Wiedemann:

Lieber Christian,

ich wäre mit der Diagnose „hyperaktive Blase“ bei einem 44jährigen nicht zufrieden. Ist die abgesichert? Urodynamik, Spiegelung, neurolog. Untersuchung, Harnröhrenabstrich, Ejakulatuntersuchung auf typische und atypische Erreger….?

Try and error ist nicht angesagt, sondern ein systematisches Vorgehen. Bei Ihnen scheint es mir doch Polypragmasie zu sein, weil Sie Prostatamedikamente und solche gegen eine Überaktive Blase gemischt haben. Und aus einer Gruppe (Spasmex, Vesikur) 2 hintereinander zu nehmen, bringt eh nichts. Wenn tatsächlich die Diagnose stimmt, Sie EIN solches Medikament in ausreichender Dosierung in ausreichender Dauer genommen haben und sich keine andere Ursache finden lässt, wäre ich für eine Botoxbehandlung. Aber nur dann.

Mit freundlichen Grüßen,
Prof. Dr. med. Andreas Wiedemann, Chefarzt der Urologischen Klinik, Ev. Krankenhaus Witten gGmbH