Bandscheibenvorfall und verdickte Blasenwand/Neurologische Symptome – Frage von Bruno
Guten Tag,
bei mir (m, 26) wurde im Herbst 2018 beim Hausarzt durch „Zufall“ eine stark verdickte Blasenwand im Ultraschall entdeckt (ein alter Ultraschallbericht von April 2017 belegt dies bereits, hier wurde dem aber nicht nachgegangen).
Überweisung zum Urologen bestätigt dies, Uroflow/Miktionsprotokoll/Urethrografie größtenteils unauffällig, aber Verdacht auf Neurogene Blase/DSD.
Überweisung zum Neurologen um Ursachen wie etwa MS abzuklären.
— Exkurs: Hier habe ich aufgehorcht, da ich ca, gute 2 Jahre zuvor im Herbst 2016 bereits in neurologischer Abklärung (NLG, MRT Kopf und Liquor) bzgl. MS war. Damals hatte ich ganz plötzlich Missempfindungen am Kopf, Händen und Unterschenkeln/Füßen bekommen (Pelzige Gefühle, Nadelstiche, leicht Koordinationsstörungen in den Händen, leicht schwache Beine und teilweise Arme, unwillkürliche Muskelzuckungen an den Extremitäten), einen Tag nach dem Krafttraining (unter anderem Kniebeugen mit schwerem Gewicht).
Neurologischer Befund war damals unauffällig (lediglich identische oligoklonale Banden Typ IV in Serum und Liquor – konnte er mir nicht erklären, Überweisung zum Internisten wg. Autoimmunprozess-Abklärung – unauffällig, allerdings C3/C4-Komplement außerhalb der Referenz sowie leichte Bilirubinämie – alles sehr nebulös für mich). Der Neurologie attestierte mir damals bei der körperlichen Untersuchung übrigens lediglich eine „Nackensteife/Bewegungseinschränkung im Nacken“, klärte einen mögl. BSV allerdings nicht weiter ab. —
Die erneute Neurologische Untersuchung bei einem anderen Arzt Anfang diesen Jahres (NLG, MRT Kopf, MRT Myelom) ergab erneut keinen Hinweis auf MS, allerdings etwas erhöhte NLG des Tibealis sowie durch das erstmalig durchgeführte MRT des Rückenmarks Bandscheibendegeneration der HWS inkl, -protrusion (in Höhe HWK 4/5 u. 5/6) und -prolaps (in Höhe HWK 5/6 und 6/7) laut Radiologie – allerdings keine erkennbare Kompression von Myelom/Nervenwurzeln.
Laut meinen Recherchen sind
(1) Exposition (Kniebeugen mit Zusatzgewicht),
(2) Symptomatik akut und 2016 und persistierend/intermittierend (sowohl a) Parästhäsien und leichte neur. Ausfälle als auch b) leichte Blasenentleerungsstörungen) und
(3) Diagnostik (sowohl a) Bandscheibendegeneration inkl. -vorfall und b) starke Blasenwandverdickung) jeweils gegeben, sehr verdächtig und ergeben insgesamt ein Bild, dass zumindest den dringenden Verdacht naheliegt, dass der BSV Ursache für die Symptome ist.
Zusätzlich leide ich seit Okt/Nov 2018 an Verdauungsproblemen (tendenziell Obstipation, Fettstuhl), für die bisher keine organische Ursache gefunden wurde. Hatte schon Monate vorher immer mal wieder anfallartige extreme Oberbauchkrämpfe und teilweise Sodbrennen die mit PPI behandelt wurden. Deshalb hier rein spekulativ die These, dass zumindest die Maldigestion/Obstipation seht Okt/Nov ggf. auch auf den ursächlichen BS-Schaden zurückzuführen ist. Grund ist, dass ich ziemlich exakt kurz davor wieder Krafttraining begonnen und u. a. schweres Kreuzheben (mit 90kg bei einem KG von 65kg) durchgeführt hatte und dabei leichte Schmerzen/Zeihen im Rücken/LWS aufgetreten sind.
Die nicht nachgewiesene Kompression erkläre ich mir dadurch, dass ggf. eine Haltungs- und Belastungsabhängige temporäre Kompression stattfindet, da v. a. die Parästhesien stark mit positiv Krafttraining korrelieren. Zudem wurde beim MRT primär nach MS gesucht, die LWS nicht abgebildet und die Qualität der Bildgebung (besonders Querschnitte des Wirbelkanals) ist im Vergleich zu exemplarischen Beispielen im Internet doch sehr niedrig (obwohl mir klar ist, dass ich mir als Laie auch nicht anmaßen könnte, auf einem guten MRT etwas zu erkennen).
Allerdings ist laut meinen Recherchen eine Rückenmarksschädigung oberhalb von TH12/L1 explizit ein mögl. Grund für eine DSD. Ggf. verhält es sich ähnlich bzgl. der Obstipation.
Leider hat mein aktueller Neurologie den Rückenmark-MRT-Bericht offenbar nur überflogen, da er mir gegenüber nur die Protrusion und nicht den Prolaps erwähnt hat und die Einschätzung war, es sei alles ok und durch die fehlende Kompression kein Zusammenhang zu den Symptomen.
Es steht in den nächsten Wochen noch eine Urodynamik zur Abklärung der BES/DSD an sowie ein erster Orthopädie-Termin wg. des BSV (Überweisung durch Urologin).
Über eine Einschätzung zu meinem Fall bzw. meiner Herleitung wäre ich sehr dankbar, v. a. bzgl.
– Zusammenhang BSV und Blasen-Symptomatik
– ggf. Zusammenhang BSV und Verdauungssymptomatik und falls Expertise vorhanden auch
– ggf. Einschätzung bzgl oligoklonaler Banden, C3/C4-Komplement
sowie ggf. Empfehlungen hinsichtlich weiterer Schritte oder sonstiger Hinweise.
Entschuldigen Sie bitte die umfangreiche Ausführung Vielen Dank im Voraus
Bruno
Antwort von Prof. Wiedemann:
Lieber Bruno,
„die allgemeine Einschätzung Ihres Falles“ hat den Charakter eines Gutachtens und nicht die Form eines Blogs, bei dem es um eher allgemeine, aber konkrete Fragen geht.
Die Durchführung einer Urodynamik ist eine gute Idee, nur mit dieser Untersuchung ist der Nachweis einer DSD möglich.
PS: die Beurteilung der Blasenwanddicke ist extrem abhängig von ihrem Füllungszustand – ich wäre vorsichtig, 2 verschiedene Untersuchungen durch verschiedene Untersucher zu vergleichen.
Mit freundlichen Grüßen,
Prof. Dr. med. Andreas Wiedemann, Chefarzt der Urologischen Klinik, Ev. Krankenhaus Witten gGmbH