Blase, Schließmuskel und Beckenboden arbeiten nicht autonom, sondern unterliegen der Kontrolle des Gehirns. Dieses aktiviert und hemmt die Blase, lässt den Schließmuskel bzw. Beckenboden anspannen oder entspannen. Die geschilderte Kontrolle wird durch Nervenzentren im Gehirn ausgeübt, über Nervenbahnen per Rückenmark in das Becken geleitet und erreicht dort über periphere Nerven die Blase und den Schließmuskelapparat.

Das erklärt, warum Erkrankungen des Gehirns selbst wie der Schlaganfall, Rückenmarkserkrankungen wie die Querschnittslähmung oder auch Funktionsstörungen peripherer Nerven wie bei der „diabetischen Polyneuropathie“ – der Schädigung von feinen Nerven durch eine lange bestehende Zuckerkrankheit – Funktionsstörungen der Harnblase zur Folge haben können.

Leider stehen diese oftmals gar nicht im Focus, weil andere neurologische Ausfälle wie Lähmungen oder Sprachstörungen „wichtiger“ zu sein scheinen. Doch gerade an diesem Punkt sollten frühzeitig Blasenfunktionsstörungen mitbehandelt werden – um das Rehabilitationspotential komplett auszuschöpfen. Eine Untersuchung an Multiple-Sklerose-Kranken einer Reha-Klinik, die also die akute Phase der Erkrankung schon hinter sich hatten, deckt auf, dass in über 50 % der Fälle teilweise schwere Funktionsstörungen der Blase vorlagen – Inkontinenz, Blasenentleerungsstörungen, Blasenüberaktivität – nur hatte es in der oft jahrelangen Krankheitsgeschichte niemand aufgedeckt und behandelt.