Anticholinergika sind Medikamente zur Behandlung der Dranginkontinenz oder Überaktiven Blase. Sie dämpfen die Symptome aus häufigem und nötigen Wasserlassen tagsüber und nachts und verhindern einen Urinverlust mit heftigem, „imperativem“ Harndrang. Aktivitäten wie Theaterbesuche, Bus- oder S-Bahnfahrten stellen nicht länger einen Horrortrip dar, sondern werden ohne den ständigen Gedanken an die nächstgelegene Toilette wieder möglich. An der Steuerung von Harndrang, Wasserlassen und Wasserhalten sind im menschlichen Körper Nervenstrukturen, Blasenmuskel und Beckenboden beteiligt. Die entscheidenden Nervenfasern können in Gewebsschnitten der Blase sichtbar gemacht werden. Es handelt sich um die korkenzieherartigen, rot angefärbten Strukturen in der Blasenwand.

 

Um den genauen Wirkmechanismus der Anticholinergika (Synonym: Antimuskarinika) zu verstehen, lohnt es sich, die Übertragung eines Nervenimpulses zum Wasserlassen vom Becken-Nerv auf den Blasenmuskel zu betrachten: An dieser Stelle wird der elektrische Impuls in ein chemisches Signal umgewandel, der Botenstoff „Acetylcholin“ wird ausgeschüttet. Dieser Botenstoff wirkt wie ein Schlüssel in einem Schloss: er passt genau in bestimmte Regionen der Hülle von Blasenmuskelzellen und bewirkt dort, dass der Blasenmuskel sich zum Wasserlassen zusammenzieht. Nimmt ein Patient nun ein Anticholinergikum wie z. B. Trospiumchlorid ein, wird das „Schloss“ in der Hülle des Blasenmuskels verstopft – Acetylcholin kann nunmehr weniger stark wirken, der Blasenmuskel zieht sich nur noch abgeschwächt zusammen. Der Patient bemerkt, dass er seltener und entspannter Wasser lässt und auch nachts wieder besser durchschlafen kann. Der Harndrang wird kontrollierbarer und kann wieder besser aufgeschoben werden, auch wenn keine Toilette in unmittelbarer Nähe ist.