Rückfrage von Vesica (15.7.2016):

Lieber Dr. Wiedemann,
vielen Dank für Ihre schnelle Antwort! Ich werde die Therapievorschläge mit meiner Urologin besprechen. Ich habe sie bereits einmal wegen Botox angesprochen. Sie meinte aber, dass es sich bei meinem Problem um ein Anatomisches handle, weshalb Botox in meinem Fall nicht sinnvoll wäre. Wirken Medikamente wie Vesikur anders als Botox? Auch bei anatomischen Problemen? Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir diese Frage noch beantworten könnten.
Eine urodynamische Untersuchung wurde vor zwei Jahren bei mir durchgeführt. Die Blase hatte ein gutes Volumen und entleerte sich, ersichtlich durch eine Ultraschalluntersuchung, gänzlich. Trotzdem muss ich ganz oft noch ein zweites Mal kurz nach dem ersten Toilettengang und es kommt auch immer etwas.

Antwort von PD Dr. Wiedemann:

Liebe Vesica,

die Zusammenhänge sind komplex und Ihre Fragen ohne Kenntnis der Untersuchungen nicht eindeutig zu beantworten. Botox wirkt im Endeffekt wie Vesicur, nur stärker.

Gruß

Priv.-Doz. Dr. med. Andreas Wiedemann, Chefarzt der Urologischen Klinik, Ev. Krankenhaus Witten gGmbH

s. auch: Botox bei Überaktiver Blase

Ursprüngliche Fage von Vesica:

Seit einem Kaiserschnitt vor 35 Jahren habe ich eine Reizblase. Gleich nach der Operation konnte ich nicht mehr wirklich spüren, ob ich zur Toilette muss, deshalb bin ich dann des öfteren prophylaktisch gegangen. Mit der Zeit spürte ich zwar  wieder besser, wann ich tatsächlich muss, aber ich musste ständig, tagsüber und auch nachts. Nach einem Besuch bei einem Urologen wurde festgestellt, dass meine Blase nach der Entleerung keinen Restharn enthält und auch ein normales Blasenvolumen vorhanden ist. Mein Problem käme von Verwachsungen, die auf die Blase drücken würden. Es gäbe nur die Möglichkeit einer Operation, von der mir mein Urologe aber damals abriet, da ich noch sehr jung war. Er meinte, dass diese OP auch zu erneuten Verwachsungen führen könnte. So entschied ich mich dagegen und versuchte mit meinem Problem zu leben. Da ich jetzt auch noch Myome und eine vergrößerte Gebärmutter habe, die zusätzlich auf die Blase drückt, hat sich das Problem sehr verstärkt.

Mir selbst ist aufgefallen, dass der Harndrang vor der Menstruation besonders stark ist und dass ich ihn mit einer Gabe von 0,5mg Lorazepam zur Nacht etwas unterdrücken kann. Da hier aber die Suchtgefahr gegeben ist, habe ich das nur ganz kurzfristig probiert. Jetzt probiere ich gerade zum ersten Mal Vesikur 5mg aus. Dies führt bei mir aber zu sehr verschwommenem Sehen. Als Alternative hat man mir die Entfernung der Gebärmutter mittels LASH empfohlen, aber mit dem Hinweis, dass dies vielleicht wegen der Verwachsungen nicht ganz einfach werden würde und, dass meine Probleme mit der Reizblase nicht unbedingt dadurch verschwinden würden. Nun meine Frage. Habe ich nur die Alternative, vielleicht Verbesserung durch Vesikur, aber dadurch total verschwommenes Sehen, Benzodiazepine mit Suchtgefahr oder Operation? Oder gibt es noch eine andere Möglichkeit, auf die ich einfach noch nicht hingewiesen wurde?

Vielen Dank im voraus auf die Beantwortung der etwas komplizierten Frage!

Antwort von PD Dr. Wiedemann:

Liebe Vesica,

verschwommenes Sehen kann wirklich von der Gruppe der Anticholinergika herrühren, die zur Dämpfung der Reizblase eingesetzt werden. Dies kann eine Nebenwirkung am Auge oder auch am Gehirn sein. Einen Versuch ist es wert, mit Trospiumchlorid zu therapieren, das als Substanz etwas anderes ist als der Rest der Medikamente aus dieser Gruppe. Eventuell käme auch Mirabegron in Frage, das ganz anders auf die Reizblase wirkt, aber nur im Ausland erhältlich ist. Notfalls könnte man auch Botox einsetzen.

Merkwürdig kommt mir vor, dass Sie über ein fehlendes Blasengefühl berichten. Ist die Diagnose Reizblase richtig oder handelt es sich um ein Restharnproblem? Ich würde in Ihrem Fall eine urodynamische Messung vornehmen – wenn nicht schon geschehen.

Gruß

Priv.-Doz. Dr. med. Andreas Wiedemann, Chefarzt der Urologischen Klinik, Ev. Krankenhaus Witten gGmbH