Rückfrage von Girl Fire (10.10.2014):

Danke Hr. Dr. Wiedemann.

Ich bin seit zwei Jahren damit beim Urologen in Behandlung.

Ich habe jetzt noch eine Frage, die die Inkontinenz betrifft, im Mai diesen Jahres hatte ich einen Bandscheibenvorfall LWK4/5, SWK1 ist ebenfalls schon vorgewölbt. Vor zehn Jahren bin ich vom Pferd gestürzt, dummerweise genau auf die Stelle bei LWK4/5 und SWK1, danach hat sich die Sache mit der Inkontinenz schleichend verschlechtert, keiner der bisher behandelden Ärzte interessiert sich wirklich für den Sturz.

Durch Zufall habe ich neulich gelesen, dass die Sakralnerven, welche die Blase steuern, direkt bei LWK4/5 verlaufen. Seit dem Bandscheibenvorfall habe ich das Problem, das bei Inbelastungsnahme des Rückens, ich bin Reiter, die Inkontinenz geradezu tobt.

Da ich eine PRT-Behandlung in Erwägung gezogen habe, da die Nervenwurzel durch die Einengung immer noch in Mitleidenschaft gezogen ist, habe ich einen Neurochirurgen aufgesucht, der Stein und Bein schwört, das die verstärkte Inkontinenz nichts mit dem Bandscheibenvorfall zu tun hätte.

Ich bin mir da nicht so sicher.

Antwort von PD Dr. Wiedemann:

Sie haben beide Recht – es könnte von der Höhe her sein, dass „die Blase etwas abbekommen hat“ – wenn der Neurochirurg aber sagt, es könne nicht sein, wird er – den Röntgenbefund vor Augen – bestimmt sehen können, ob Rückenmark oder Nervenwurzeln betroffen sind. Letztlich spielt das für Ihre Behandlung aber auch keine Rolle …

Gruß

Priv.-Doz. Dr. med. Andreas Wiedemann, Chefarzt der Urologischen Klinik, Ev. Krankenhaus Witten gGmbH

Rückfrage von Girl Fire (24.9.2014):

Danke Hr. Dr. Wiedemann.

Mein Rückenmark geht weit über LWS1 hinaus.

Als Kind war ich aufgrund des Hirschsprungs stuhlinkontinent, Probleme mit der Blase hatte ich schon immer, viele Infekte und so genanntes Wasserschneiden.

Sollte ich als Kind schon Inkontinet gewesen sein, hätte ich es nicht bemerkt, da ich immer Vorlagen trug.

Es gab aber auch später immer wieder Zeiten, wo ich das Gefühl hatte, ständig nass zu sein.

2004 hatte ich einen Reitunfall und fiel auf den Rücken, in Höhe LWS4/5/SWK1.

Danach verschlechterte sich der Zustand der Blase, ich musste noch häufiger zur Toilette als vorher, seitdem begann auch wieder die Inkontinenz, anfangs allerdings nur bei kaltem Wetter.

2012 trat es dann verstärkt auch im Sommer auf, so dass ich dann einen Arzt aufgesucht habe.

Es ist also durchaus möglich, dass man inkontinent ist und es gar nicht richtig bemerkt?

Antwort von PD Dr. Wiedemann:

Sehr geehrte Girl Fire,

Harntraktbeschwerden inkl. der Harninkontinenz sind sehr variabel. Besonders, wenn neurologische Schäden vorliegen, kann das „Gefühl“ für die Blase, den Harndrang oder das Füllungsgefühl verloren gehen oder nur abgeschwächt wahrgenommen werden.

Häufig sind auch Infekte „die Spitze des Eisbergs“, die anzeigen, dass mit der Blase und ihrer Funktion etwas nicht in Ordnung ist. Es ist Ihnen zu raten, einen Urologen mit funktionsurologischer Erfahrung aufzusuchen. Dieser wird Ihnen helfen können.

Gruß

Priv.-Doz. Dr. med. Andreas Wiedemann, Chefarzt der Urologischen Klinik, Ev. Krankenhaus Witten gGmbH

Rückfrage von Girl Fire (19.9.2014):

Ist es möglich, dass eine angeborene Aganglionose der Harnblase erst im Laufe des Lebens größere Beschwerden verursacht, so dass man evtl. jahrelang gar nicht bemerkt?

Antwort von PD Dr. Wiedemann:

Sehr geehrtes Girl Fire,

Bezüge zwischen dem M. Hirschsprung bzw. dem tethered chord und einer Blasenfunktionsstörung sind bekannt, eine DSD tritt meistens bei einer neurogenen Schädigung des Rückenmarks auf, so dass eher das tethered chord – je nach Höhe – der Auslöser zu sein scheint.

Da solch eine Schädigung sich gerne mit Altersveränderungen der Blase oder Folgen von Infekten o. ä. überlappt: ja, es kann sein, dass das lange kompensierte System irgendwann „kippt“ und dann Beschwerden auftreten.

Auch ist das subjektive Erleben des Wasserlassens und des Wasserhaltens manchmal einer großen Streubreite unterworfen: Patienten erleben manchmal auch stündliches Wasserlassen als normal, obwohl es das objektiv gesehen nicht ist, so dass die Rückschau den Beginn von Beschwerden manchmal viel früher festlegt.

Gruß

Priv.-Doz. Dr. med. Andreas Wiedemann, Chefarzt der Urologischen Klinik, Ev. Krankenhaus Witten gGmbH

Ursprüngliche Frage von Girl Fire (14.6.2013)

Bei mir wurde dieses Jahr eine Detrusor-Sphinkter-Dyssynergie (DSD) festgestellt, mich interessieren die Auslöser dieser Blasenstörung.

Ich wurde mit einem Morbus Hirschsprung (Megakolon) und einem Tethered Cord geboren, gibt es da irgendwelche Zusammenhänge mit der DSD.

Mein Neurologe vermutet, dass die Harnblase ebenfalls eine angeborene Aganglionose hat.

Antwort von PD Dr. Wiedemann:

Sehr geehrtes Girl Fire,

die Detrusor-Sphinkter-Dyssynergie ist eine „klassische“ neurogene Blasenfunktionsstörung, bei der das koordinierte Zusammenspiel zwischen Blasenentleerung und Beckenbodenentspannung bei dem Vorgang des Wasserlassens nicht funktioniert.

Die Folge ist einerseits die Symptomatik einer Überaktiven Blase mit verstärktem, häufigem Harndrang bis hin zur Dranginkontinenz häufig gepaart mit wechselnden Restharnmengen.

Typischerweise kommt diese Form der Blasenfunktionsstörung bei der Multiplen Sklerose vor; andere Störungen auf neurologischem Gebiet können aber auch zur DSD führen. Das hängt u. a. von der Höhe des betreffenden Rückenmarksegmentes ab. Ihre Frage ist also mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einem „ja“ zu beantworten, es gibt vermutlich einen Zusammenhang zwischen Ihrem Tethered Cord und der DSD.

Gruß

Priv.-Doz. Dr. med. Andreas Wiedemann, Chefarzt der Urologischen Klinik,
Ev. Krankenhaus Witten gGmbH